Hilde Domin

Hilde Domin


Wir werden eingetaucht

und mit dem Wasser der Sintflut gewaschen.

Wir werden durchnässt

bis auf die Herzhaut.

Der Wunsch nach der Landschaft

diesseits der Tränengrenze

taugt nicht.

Der Wunsch den Blütenfrühling zu halten,

der Wunsch verschont zu bleiben,

taugt nicht.

Es taugt die Bitte,

dass bei Sonnenaufgang die Taube

den Zweig vom Ölbaum bringe,

dass die Frucht so bunt wie die Blüte sei,

dass noch die Blätter der Rose am Boden

eine leuchtende Krone bilden.

Und dass wir aus der Flut,

dass wir aus der Löwengrube und dem feurigen Ofen

immer versehrter und immer heiler

stets von neuem

zu uns selbst

entlassen werden.



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